Wer von Gewalt spricht, sollte allen Formen der Gewalt besondere Aufmerksamkeit zu widmen. In der Bundesrepublik Deutschland nehmen dabei in den letzten 15 Jahren vor allem rechtsextrem, antisemitisch und fremdenfeindlich motivierte Gewalttaten Jugendlicher eine besondere Rolle ein (vgl. Heitmeyer/Müller 1995; BMI 2006).

Ab Mitte der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts erweiterte sich der Blick auf die Vielschichtigkeit von Gewaltphänomenen im Kindes- und Jugendalter. Inzwischen werden sowohl häusliche und psychische Formen von Gewalt mit eingeschlossen. So sind „neue“ Formen von Gewalt benannt worden: Mobbing, Bullying oder Stalking werden öffentlich diskutiert und als Herausforderung für pädagogische Fachpraxis, Polizei, Justiz und Politik dargestellt.

Zu den wichtigen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen im Umfeld der Gewaltprävention im Kindes- und Jugendalter gehören zweifelsohne die Medien, genauer gesagt jene Medien, die vorrangig von Jugendlichen genutzt werden, und dies sind heute primär das Internet, mp3- bzw. mp4-Player, Handys, DVDs und Computerspiele für den PC oder eine der zahlreichen Konsolen. Handys mit der Fähigkeit, kurze Videosequenzen wiederzugeben und zu kopieren, waren die Grundlage für die Verbreitung so genannter Snuff-Videos, kurze zum Teil äußerst brutaler Videoszenen. DVDs und noch mehr das Internet sowie eine Reihe von Computerspielen sind hier insofern zu erwähnen, als sie Gewaltszenen Jugendlichen beliebig oft und in allen Varianten zugänglich bzw. Virtuelles Gewalthandeln zum Gegenstand von Spielen und Wettbewerben, z. B. im Rahmen von so genannten LAN-Parties, machen.

Den polizeilichen Statistiken zufolge nimmt die Gewaltbereitschaft unter Kindern und Jugendlichen zu: Kinder und Jugendliche werden immer gewalttätiger, die Brutalität unter Kindern und Jugendlichen nimmt immer mehr zu und die Täterinnen und Täter werden jünger.

Früh hat sich in Deutschland die Erkenntnis durchgesetzt, dass Gewaltprävention eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und deshalb Kooperation eine zentrale Voraussetzung für gelingende Gewaltprävention darstellt. Im Laufe der Jahre sind zwischen den unterschiedlichen Organisationen bzw. Institutionen (vor allem Kinder- und Jugendhilfe, Polizei und Schule) und Personen eingefahrene Abgrenzungen und Abneigungen abgebaut worden. Es entstanden neue Formen der Zusammenarbeit und Gremien. Die kommunalen Kriminalpräventiven Räte oder Runden Tische sind die meist verbreiteten Beispiele dieser neuen Entwicklungen und Ausdruck veränderter Einstellungen. Die Zusammenarbeit und die dadurch herausgeforderte Klärung der jeweils eigenen Aufgaben und Zuständigkeiten haben entscheidend zu einer Verbesserung der Fachpraxis beigetragen. »Kooperation Schule und Jugendhilfe«, »Kooperation ugendhilfe und Polizei«, »Kooperation Polizei und Schule« oder »Kooperation Justiz und Jugendhilfe« etc. sind keine exotischen Tagungsthemen mehr, sondern großteils selbstverständlicher Bestandteil des professionellen Alltags in den jeweiligen Handlungsfeldern geworden. (Deutsches Jugendinstitut München, Strategien der Gewaltprävention im Kindes- und Jugendalter, Band 2007)